Die Klinik Arlesheim ist zugleich ein Regionalspital im Kanton Baselland und ein Zentrumsspital für Anthroposophische Medizin in der Schweiz und im nahen Ausland. Diese doppelte Kompetenz der Klinik spiegelt sich natürlich auch bei uns auf der Notfallstation und führt dazu, dass wir ein sehr breites Spektrum an medizinischen Fällen sehen: Da kommt der junge Mann, der mit dem Motorrad umgefallen ist und nun seinen schmerzenden Knöchel röntgen und die Schürfwunden versorgen lassen will. Das Spital Dornach schickt uns eine Patientin mit Atemnot, die Corona-positiv ist – die Klinik Arlesheim ist ein kantonales Corona-Referenzspital, das heisst eines der ausgewählten Spitäler, in denen in der aktuellen Phase Corona-Patientinnen und -Patienten behandelt werden. Aus dem Kanton Thurgau bringen die Angehörigen eine alte Dame mit Herzschwäche, die unbedingt mit natürlicher Medizin behandelt werden will und deshalb nur in die Klinik Arlesheim kommen möchte.
Genau diese sehr unterschiedlichen Bedürfnisse zu erfassen, ist unser Anspruch und macht unsere Arbeit auf der Notfallstation jeden Tag anders und spannend.
Um es auf den Punkt zu bringen: Wir bieten Heileurythmie und den Leberwickel mit Schafgarbe an und gleichzeitig eine Intermediate-care-unit (Überwachungsstation) in Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Basel oder dem Bruderholzspital – mit allem, was von Seiten der konventionellen Medizin für eine sichere Überwachung im Krankheitsfall nötig ist. Dies bedeutet sowohl das kontinuierliche Monitoring zum Langzeiterfassen der Vitalwerte, die Laborwerte und Radiologie im Haus als auch einen raschen Zugang zu Spezialuntersuchungen durch unsere Fachärztinnen und -ärzte – sei es für einen Herzultraschall, eine Magen- oder Darmspiegelung oder eine Untersuchung der Hirnströme mittels eines EEG (Elektro-Enzephalogramms), um nur einige Beispiele zu nennen.
Wir gehen mit einem ganzheitlichen Menschenbild auf den Hilfe suchenden Menschen ein. Dazu schöpfen wir aus dem grossen Fundus der Anthroposophischen Medizin mit diversen Pflegeanwendungen wie Wickel und Einreibungen, Heileurythmie, Rhythmische Massage, Phytotherapie, Sprachgestaltung, Kunsttherapie. Auch aus dem breiten konventionellen medizinischen Bereich nutzen wir Fachärztinnen und Fachärzte der Klinik Arlesheim alles, was zur Diagnosestellung oder Heilung notwendig ist.
Wie jede Notfallstation in der Schweiz versuchen wir, den kranken Menschen rasch zu behandeln, seine Symptome zu erfassen, auf ihn einzugehen, ihn wahrzunehmen und Zeit für ihn zu haben. Ich denke, besonders macht uns, dass hier viele Personen arbeiten, die ein ganzheitliches Menschenbild haben, das nicht nur die physische und seelische Komponente, sondern auch die Lebenskräfte und eine spirituelle Dimension umfasst. Dies fliesst in unser Sein und damit auch in unser Handeln hinein.
Des Weiteren kommen die Therapien der Anthroposophischen Medizin dazu, die sehr wohltuend sind. In einer Zeit der sozialen und physischen Distanz werden bei uns Menschen berührt: Die Pflegefachfrau kommt am Abend und macht eine rhythmische Fusseinreibung mit Lavendelöl. Der Physiotherapeut wendet eine feine rhythmische Massage an, um die Lebenskräfte anzuregen. Der Musiktherapeut spielt auf der Leier nach einer für die Patientin anstrengenden Behandlung. All diese Therapien wenden wir auch auf unserer Notfallstation an, wenn der Patient es wünscht und es medizinisch sinnvoll ist. Ich bin sicher, dass es diese Mischung aus schulmedizinischer Kompetenz, ganzheitlichem Menschenbild und den vielfältigen therapeutischen Möglichkeiten ist, die unser Angebot einzigartig in der Schweiz sein lässt.
Es gibt Situationen, in denen ganz klar ist: Dies ist ein Notfall, ich muss für mich oder meine Liebsten die Sanität rufen. Dort kann ich bestimmen, in welches Spital ich gebracht werden will. Wir in der Klinik Arlesheim stehen für alle und insbesondere internistische Notfälle zur Verfügung. Wir freuen uns, dass wir neu für chirurgische Notfälle durch die Kooperation mit der Chirurgie des Spitals Dornach die Möglichkeit haben, rund um die Uhr einen Facharzt für Chirurgie und Orthopädie zu konsultieren. Wie auf jeder Notfallstation eines Regionalspitals gibt es auch bei uns Situationen, in denen wir unsere Patientinnen und Patienten verlegen müssen. Dies wird jeweils eingehend mit ihnen besprochen. Wir gehen auf ihre diesbezüglichen Wünsche ein und beraten sie, wie man am besten vorgehen soll.
Dann gibt es noch die Fälle, in denen es sich zwar um weniger dramatische Ereignisse handelt, die aber doch rasch abgeklärt werden sollen, weil zum Beispiel die starken Schmerzen keinen Schlaf mehr zulassen oder ein Druck auf der Brust oder hohes Fieber Unsicherheiten auslösen. Das sind die Situationen, die einen veranlassen, den Hausarzt respektive die Hausärztin aufzusuchen. Doch an Wochenenden, in den Ferien oder nachts, falls auch eine Stellvertretung nicht erreichbar ist, werden Sie froh sein, eine Notfallstation in der Nähe zu wissen.
Dr. med. Jana Siroka untersucht einen Notfall-Patienten.
In der ganzen Schweiz haben Kliniken damit begonnen, den Notfall und eine Permanence oder neudeutsch: „Walk-in“ voneinander zu trennen. Diese räumliche und prozessuale Trennung ist sinnvoll. Mit einem etablierten und standardisierten Triagesystem kann im Walk-in unverzüglich eingeschätzt werden, ob die Hilfesuchenden direkt auf die Notfallstation gebracht werden müssen oder ob sie rasch und abschliessend im Walk-in behandelt werden können. Dadurch können leichtere Erkrankungen schneller behandelt werden, was für die Patientinnen und Patienten deutlich weniger Wartezeit bedeutet.
Auf die Notfallstation kommen Patienten und Patientinnen, von denen man ausgehen muss, dass sie weitergehende Untersuchungen brauchen oder vielleicht auch stationär aufgenommen werden müssen. Das kann zum Beispiel ein älterer Mann mit einer Lungenerkrankung sein, der nicht mehr gut atmen kann, oder ein junger Mensch mit starken Bauchschmerzen, der eine akute Schmerztherapie und einen Ultraschall braucht, um die Ursache der Schmerzen herauszufinden. Zu unserer Notfallstation gehört auch eine Überwachungsstation. Dort werden Patientinnen und Patienten, die schwerer erkrankt sind, intensiv betreut, überwacht und gepflegt. Dabei handelt es sich um dasselbe ärztliche und pflegerische Team, das den kranken Menschen auf dem Notfall betreut und während der darauffolgenden Tage auf der Überwachungsstation behandelt.
Um diese Frage zu beantworten, will ich konkrete Beispiele schildern. Eine Dame kommt mit einer Blutdruckentgleisung und starkem Druck auf der Brust auf unseren Notfall. Sie wird befragt, untersucht; es wird sofort ein EKG gemacht und Blut abgenommen – alles, was auf einer anderen Notfallstation auch geschehen würde. Bei uns erhält sie dann aber zusätzlich eine Salbenauflage mit Aurum (Gold) und Lavendel sowie eine Infusion mit Bryophyllum (Brutblatt) und Conchae (Austernschale) zur Beruhigung und seelischen Stabilisierung.
Oder lassen Sie mich von einem Patienten mit einer chronischen Lungenerkrankung erzählen. Er erhält seine antiobstruktive schulmedizinische Therapie. Zudem lassen wir ihn mit Gentiana (Enzian) inhalieren, und die Pflege führt einen beruhigenden Rückenabstrich mit Rosenöl durch. Dies sind nur zwei Beispiele von vielen. Denn so individuell wie der Mensch, der bei uns Hilfe sucht, und seine Beschwerden sind, so individuell sind die Therapiemöglichkeiten, die wir ihm auch schon auf der Notfallstation durch die Möglichkeiten der Anthroposophischen Medizin geben können.
Ich habe eine langjährige, schulmedizinische Aus- und Weiterbildung hinter mir, war tätig in kleinen Regionalspitälern bis hin zu drei grossen, universitären Spitälern der Schweiz. Dort habe ich den Facharzt-Titel für Innere Medizin und den Facharzt-Titel für Intensivmedizin erworben. Parallel dazu habe ich eine dreijährige berufsbegleitende Ausbildung in anthroposophisch erweiterter Medizin abgeschlossen. Diese Welten zu verbinden ist mir also schon seit vielen Jahren selbstverständlich.
Ausschlaggebend für meinen Wunsch, noch einen zweiten Facharzttitel in Intensivmedizin zu erwerben, war ein mehrmonatiger Aufenthalt in Sambia, Afrika. Dort habe ich erlebt, was geschieht, wenn den Menschen kein oder nur ein sehr rudimentäres Gesundheitswesen zur Verfügung steht. Diese Erlebnisse haben sich tief in meine Seele eingeprägt und zum Entscheid geführt, mich in der Schweiz auf einem schulmedizinisch exzellenten Niveau auszubilden. Diese intensivmedizinische Zeit habe ich am Universitätsspital Zürich – auf der Anästhesie, auf der chirurgischen, Verbrennungs- und medizinischen Intensivstation verbracht. Das war eine aufregende Zeit mit den Helikoptern der Rega auf dem Dach und Patientinnen und Patienten in medizinischen Extremsituationen am Rande zwischen Leben und Tod. Es brauchte eine exzellente Teamleistung von Logistik, hervorragender Pflege und Spezialärzten. Ich habe viel gelernt und kann nun auch in hektischen Lagen ruhig die Situation erfassen und bestimmt handeln.
Die Zeit im Unispital Zürich war eine harte Zeit mit vielen einsamen Nachtdiensten und schwierigen Erlebnissen. Doch ich habe unglaublich an Erfahrung gewonnen. Dafür bin ich sehr dankbar. Auch in der Intensivmedizin gibt es wie in der Anthroposophischen Medizin keine vorgespurten Trampelpfade. Da und dort ist alles nur individuell möglich, und man muss geistesgegenwärtig Lösungen finden. So gesehen sind sich die beiden äusserlich betrachtet so verschiedenen Gebiete ähnlicher als man denkt.
Die Notfallmedizin hat mich angezogen mit einer Stelle an der Hirslanden Zürich und einem klugen Chefarzt und seinem Team aus grossartigen Kolleginnen und Kollegen. Es war eine gute Zeit, in der ich hart gearbeitet habe und wieder viel lernen durfte. Dann kam mein jetziger Chefarzt Philipp Busche und hat mir eine Stelle als Leiterin der Notfallstation und der IMC an der Klinik Arlesheim angeboten – eine Traumstelle. Ich konnte nun alles, was ich in den vorangegangenen vielen Jahren gelernt hatte, zusammenfügen und dieser Klinik hier, die mir so am Herzen liegt, zur Verfügung stellen. Es ist schön, wieder in meiner "alten" Heimat Baselland zu sein, und es macht mir jeden Tag Freude, auf „meiner“ Notfallstation zu stehen, mit meinen Kolleginnen und Kollegen zusammenzuarbeiten und die Menschen, die als Patientinnen und Patienten zu uns kommen, kennenzulernen und ihnen beizustehen.
„Vielen herzlichen Dank für Ihre liebevolle Aufnahme und Wärme und Geduld
bei der Aufnahme meines Mannes nach dem Unfall auf der "Kunsti".
Vor allem Ihre liebe Schwester an diesem Tag war wirklich so warmherzig, verständnisvoll und zuhörend.
Ihr Arzt in Ausbildung macht Lust auf mehr Notfälle (ein kleiner Scherz!).
Aber junge Ärztinnen und Ärzte sind immer so spannend und interessant.“
(aus einer aktuellen Rückmeldung)