Humor als Medizin: eine ernst gemeinte Packungsbeilage

Humor als Medizin: eine ernst gemeinte Packungsbeilage

08. April 2025 Seite drucken

Lesen Sie diese Packungsbeilage aufmerksam durch, denn sie könnte Sie zum Schmunzeln bringen.

Was ist Humor und wofür wird er angewendet?

Humor ist eine rezeptfrei erhältliche Arznei, die in keiner Hausapotheke fehlen sollte.

Wörterbücher definieren den Humor übereinstimmend als die kognitive Fähigkeit, Nicht-Übereinstimmendes wahrzunehmen und heiter darauf zu reagieren. Diese Kompetenz zählt in der Psychologie zu den Bewältigungsstrategien, als eine Form der seelischen Entlastung, bei der sich aufgestaute Spannungen lösen.

Ein weiteres Anwendungsfeld des Humors ist der soziale Raum. Er vermag als Kommunikationsmittel peinliche oder konfliktträchtige Situationen zu entschärfen, das Gruppengefühl zu stärken und hierarchische Gräben zu überwinden. Der Mensch lacht 30 Mal häufiger in Gesellschaft als alleine.

Wer ist humortherapiebedürftig?

Sie haben Humor bitter nötig, wenn Sie älter als 23 und jünger als 78 sind. Gemäss dem «Global Humor Cliff» sinkt der Prozentsatz derer, die am Tag zuvor gelächelt und/oder gelacht haben, im Alter von 23 Jahren unter die Schwelle von 75 Prozent, um in den folgenden fünf Jahrzehnten kontinuierlich weiter abzusinken.

Die Kurve beschreibt erst ab dem Alter von 78 Jahren wieder einen signifikanten Aufstieg zurück in heitere Höhen. Am wenigsten humortherapiebedürftig sind Kinder, Jugendliche, Erwachsene bis 23 Jahren sowie Menschen mit Lachfalten am ganzen Körper.

Bei welchen Störungen und Erkrankungen wirkt Humor?

Lachen senkt einen hohen Cortisolspiegel. Diese Wirkung bestätigt eine systematische Übersicht von acht Studien zu Lachinterventionen.[1]

Zudem wirkt Lachen gegen Depressionen, Angstzustände und Schlafprobleme. Dies ergab eine Analyse von zehn Einzelstudien, an denen insgesamt über 800 Menschen teilgenommen haben.[2]

Gemäss einer weiteren Meta-Studie[3] darf man dem Lachen noch mehr gesundheitsfördernde Wirkungen zuschreiben, wie die Verringerung kardiovaskulärer und psychologischer Spannungen, die Heraufsetzung der Schmerzgrenze, die Reduktion des Herzinfarktrisikos, die Verbesserung der Lungenfunktion sowie die Senkung der Blutzuckerkonzentration.

Besonders im Alter vermag Humor günstig zu wirken. Einzelstudien zeigen eine verbesserte soziale Integration, Problemlösungsfähigkeit und Lebenseinstellung bzw. eine Reduktion neuropsychiatrischer Symptome.

 

Wie wirkt Humor?

Neurologischer Wirkmechanismus
Humor verbindet im Gehirn Erkenntnis, Emotion und Belohnung. Der präfrontale Cortex erkennt die Komik eines Witzes oder einer Situation. Das limbische System sorgt für die emotionale Bewertung. Und das Belohnungssystem schüttet die Glückshormone Dopamin und Endorphine aus.

Atmung und Muskulatur
Beim Lachen ziehen sich das Zwerchfell und die Zwischenrippenmuskeln rhythmisch zusammen. Je intensiver Sie lachen, desto mehr gerät die Atmung aus dem Takt und kommt es zu Kurzatmigkeit und Hyperventilation. Zudem sind die Gesichtsmuskeln aktiv.

Kardiovaskuläre Auswirkungen
Humor führt zu einem kurzfristigen Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdruckes. Darauf folgt meist eine parasympathische Entspannungsreaktion, wodurch sich Herzfrequenz und Blutdruck normalisieren.

Hormonelle Wirkungen
Zusätzlich zur Ausschüttung von Dopamin und Endorphinen senkt Lachen die Spiegel der Stresshormone Cortisol und Adrenalin.

Wirkt Humor bei Frauen anders als bei Männern?

Ja, wie Studien zeigen, aktivieren Frauen beim Lachen mehr Gehirnressourcen als Männer. Frauen, die zusammen lachen, treffen in der Regel bessere Entscheidungen als Männer, die zusammen lachen. Auch in Bezug auf die Sterblichkeit ziehen Frauen einen grösseren Nutzen aus dem Humor als Männer.

Was müssen Sie vor der Anwendung von Humor beachten?

Lachen ist ansteckend. Wenden Sie Humor nicht in sozialen Situationen an, in denen Heiterkeitsausbrüche Sitte und Anstand verletzen.

Wie ist Humor zu dosieren?

Sofern nicht anders verschrieben, machen Sie täglich mindestens eine 5- bis 10-minütige Humorpause. Eine Humorpause ist eine aktive Pause für den Humor, nicht eine Pause vom Humor.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Wie alle Arzneien kann auch Humor Nebenwirkungen haben, die aber nicht bei jeder Person auftreten müssen. Lassen Sie sich professionell beraten, sollte eine der folgenden Nebenwirkungen Sie erheblich beeinträchtigen:

  • Atemprobleme bei chronischen Lungenerkrankungen
  • Kardiovaskuläre Belastung mit Steigerung von Blutdruck und Herzfrequenz
  • Psychische Überstimulation
  • Soziale Missverständnisse

 Weitere Tipps zum Humor-Training

  • Suchen Sie die Gesellschaft humorvoller Menschen.
  • Sammeln Sie Witze und lernen Sie sie auswendig.
  • Entwickeln Sie einen Sinn für das Absurde und Lustige im Alltag.
  • Beobachten Sie Kinder und deren Freude an Einfachem.
  • Sehen Sie in Missgeschicken und Fehlern die jeweilige Situationskomik und feiern Sie diese, statt sich zu ärgern.

[1] Kramer CK, Leitao CB. Laughter as medicine: A systematic review and meta-analysis of interventional studies evaluating the impact of spontaneous laughter on cortisol levels. PLoS One. 2023 May 23;18(5):e0286260. doi: 10.1371/journal.pone.0286260. PMID: 37220157; PMCID: PMC10204943.

[2] Zhao J, Yin H, Zhang G, Li G, Shang B, Wang C, Chen L. A meta-analysis of randomized controlled trials of laughter and humour interventions on depression, anxiety and sleep quality in adults. J Adv Nurs. 2019 Nov;75(11):2435-2448. doi: 10.1111/jan.14000. Epub 2019 May 9. PMID: 30882915.

[3] Ferner RE, Aronson JK. Laughter and MIRTH (Methodical Investigation of Risibility, Therapeutic and Harmful): narrative synthesis. BMJ. 2013 Dec 12;347:f7274. doi: 10.1136/bmj.f7274 . PMID: 24336308; PMCID: PMC3898427.

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gf

Dieser Blogartikel entstand im Rahmen des Vortrags «Lachen ist die beste Arznei - die Bedeutung des Humors in der Medizin» des Gesundheitsforums vom 26.3.2025:
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Text: Patrick Frei, Geprüft von: Philipp Busche, Chefarzt Innere Medizin
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